Breitband: Warum die Fördermilliarden nicht ankommen

Seit drei Jahren versucht die Bundesregierung, mit Milliardensubventionen den Breitbandausbau voranzutreiben. Doch wie schon in den vergangenen Jahren gelingt es ihr nicht, die vorhandenen Mittel zügig und an die Richtigen auszuschütten. So profitieren vor allem Beratungsunternehmen – und die Bürokratie.

Bürokratische Hürden verlangsamen den Breitbandausbau. – Gemeinfrei-ähnlich freigegeben durch unsplash.com Beatriz Pérez Moya

Nur langsam fließen die Fördermittel aus den milliardenschweren Töpfen des Bundes, mit denen bislang unterversorgte Gebiete mit Breitbandanschlüssen ausgestattet werden sollen. Etwas mehr als 82 Millionen Euro hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) seit 2016 ausgeschüttet, der Löwenanteil davon stammt aus dem Jahr 2018. Allerdings haben Beratungsleistungen fast die Hälfte davon verschlungen, insgesamt knapp 38,5 Millionen Euro.

Bei den Ausbauprojekten selbst kamen bis Ende November 2018 in Summe knapp 44 Millionen Euro an, wie aus aktuellen Zahlen des BMVI auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht. Verglichen mit dem Aufholbedarf in ländlichen Gebieten und der bereits bewilligten Fördersumme von rund vier Milliarden Euro allein aus dem Bundeshaushalt bleibt dies ein Tropfen auf den heißen Stein. „Das Prozedere bleibt aufwändig und kompliziert, viele Kommunen können sich nicht einmal den Eigenanteil für Projekte leisten“, sagt Margit Stumpp, Sprecherin für digitale Infrastruktur der Grünen.

Stockender Ausbau

Schon seit geraumer Zeit zeichnet sich ab, dass die schwarz-schwarz-rote Regierung das 2013 ausgegebene Ziel nicht erreichen wird, bis Ende 2018 allen deutschen Haushalten einen mindestens 50 MBit/s schnellen Internetanschluss bereitzustellen. Mit einer Ministerrochade und einem überarbeiteten Förderprogramm hat die derzeitige Bundesregierung zwar versucht, Schwung in das stockende Vorhaben zu bringen. Bislang hält sich der Erfolg aber in Grenzen.

Immer noch klagen insbesondere kleinere Kommunen sowie Netzbetreiber über den hohen bürokratischen Aufwand, den sie treiben müssen, um die Förderbedingungen des Bundes zu erfüllen. Manche Gemeinden lassen sich deshalb von Betreibern wie der Telekom Deutschland umgarnen, die dann Ortskerne mit dem kupferbasierten Vectoring eigenwirtschaftlich ausbaut. Andere Gemeinden verzichten lieber auf die Bundesförderung, um nur mit Landesmitteln schneller ins Ziel zu gelangen.

Das kann in Bundesländern wie Bayern klappen, die strukturell und finanziell besser aufgestellt sind als andere, treibt die digitale Spaltung Deutschlands aber weiter voran. „Der Bund sollte deshalb dringend seinen eigenen Förderanteil erhöhen und nicht zulassen, dass die Kommunen weiter auf die Finanzierungshilfen der Länder angewiesen sind“, fordert die Grüne Stumpp.

Vom Spitzenreiter ins Mittelfeld

Denn selbst wenn sich Bundesländer nahezu vorbildlich verhalten, etwa das digital weiterhin abgehängte Mecklenburg-Vorpommern, bleiben Erfolgserlebnisse vorerst aus. Über 800 Millionen Euro hatte das nordöstliche Bundesland in den ersten Förderrunden akquiriert, vor über zwei Jahren. Angekommen sind davon bisher aber nur etwas über sieben Millionen Euro, wie aus den aktuellen Zahlen des BMVI hervorgeht. Baden-Württemberg liegt mit über 18 Millionen Euro an der Spitze, gefolgt von Bayern mit 16,1 Millionen Euro und Hessen mit fast elf Millionen Euro.

„Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern hat sich für eine zentrale Koordinierung des geförderten Breitbandausbaus entschieden“, sagt das BMVI. Dies habe die Akquirierung der Bundesfördermittel für Mecklenburg-Vorpommern begünstigt. Die Mittelabflüsse seien aber von diversen Parametern abhängig: „Dazu zählen insbesondere die Dauer des Ausschreibungsverfahrens, die vorhandenen Tiefbaukapazitäten, die Kapazitäten der Telekommunikationsunternehmen sowie die Größe der Projektgebiete“, sagt das BMVI. Da in Mecklenburg-Vorpommern die Ausbauprojekte in der Regel durch die Landkreise umgesetzt würden, seien diese im Vergleich zu anderen Ländern „besonders groß und komplex“.

Den Fortschritt will das BMVI an den ausgeschütteten Summen nicht festmachen. „Der Erfolg des Breitbandprogramms bemisst sich an der Anzahl der Bewilligungen und nicht am Mittelabfluss“, heißt es in der Antwort des BMVI an die Grünen. Ob dies wirklich zielführend ist, wird sich erst in einigen Jahren feststellen lassen: Wenn klar ist, in welchem Umfang das Breitbandziel erreicht wurde – und wer letztlich am meisten davon profitiert hat.

Cui bono?

So hängt schon seit Jahren der Verdacht in der Luft, dass das Bundesförderprogramm zu einem guten Teil die Telekom Deutschland quersubventioniert. (Der größte Netzbetreiber Deutschlands verweist darauf, sich „stärker als alle anderen Netzbetreiber im Ausbau“ zu engagieren.)

Die Gelegenheit, für Transparenz zu sorgen, lässt das BMVI jedoch ungenutzt verstreichen. „Zu Themen, die nicht den Verantwortungsbereich der Bundesregierung betreffen, nimmt die Bundesregierung keine Stellung“, antwortet das Ministerium auf die Frage, welche Firmen in diesem Jahr die Zuschläge bei den Ausschreibungen der Kommunen bekommen haben.

Eins steht aber fest: Rund um das Förderprogramm hat sich eine kleine Nebenindustrie entwickelt, die aus Beratungsunternehmen, der Tiefbauindustrie und vielen anderen besteht. So lässt sich etwa die eigentümliche Differenz zu bisher bekannten Zahlen erklären.

Anfang 2018 hieß es noch, im Jahr 2017 seien insgesamt 22 Millionen Euro ausgeschüttet worden. Aus den aktuellen Zahlen geht jedoch hervor, dass es nur knapp zwölf Millionen Euro waren – und fast elf Millionen davon landeten in den Taschen von Beratungsunternehmen.

Beide Zahlen stimmen, sagt das BMVI auf Anfrage. Die Differenz sei auf Ausgaben zurückzuführen, erklärt die Pressestelle, die nicht den einzelnen bewilligten Förderprojekten zuzurechnen sind. „Nennenswert sind insbesondere Kosten der Programmadministration sowie Kosten für Studien, Gutachten und Öffentlichkeitsarbeit.“

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9 Ergänzungen

  1. „Die Gelder werden ausbezahlt, wenn ein bestandskräftiger Zuwendungsbescheid vorliegt, Ausgaben durch die jeweiligen Zuwendungsempfänger getätigt wurden und ein Verwendungsnachweis vorgelegt wurde.“

    Diesen Satz haste gelesen?

    Daß da am Anfang die Planungs- und Beratungsleistungen einen großen Anteil ausmachen ist einfach nur logisch.

    Die Probleme, wo nun das öffentliche Geld in Strömen privatisiert wird, liegen an ganz anderen Stellen und da ist bisher weder geplant noch gezahlt.

    Bisher kann man die Planung (in den Bereichen, auf die ich mich beziehen kann) als Striche auf der Landkarte bezeichnen.
    Wenn z.B. das Breitband unter Gleisen der DB verlegt werden muss, was gar nicht so selten ist, ist das etwas, was die künftig ausführende Fa feststellt und damit erst wieder einen Vorgang in gang setzt, welcher sich noch erweitert, weil nicht alle Flächen, die zur Tunnelung der Gleise benötigt werden, im Eigentum der Bahn sind, man also wieder andere Partner hat, die man nicht nur beschwatzen, sondern vorher auch erst mal finden muß.

  2. Da, wo Rohre, Stromkabel und vor allem bestehende Internetleitungen liegen sollte man doch ohne Probleme auch noch ein weiteres Kabel verlegen können? Oder man sollte die Infrastruktur so bauen, dass Erneuerungen, wie Kabel, die eine schnellere Internetverbindung ermöglichen, oder Abfallrrohre oder vielleicht sogar Paketrohre (wie Rohrpost) in Zukunft ohne größeren Aufwand gebaut werden können. Wenn in meinem Haus ein Kabel verlegt wird, wird auch nicht jede Wand aufgerissen, es gibt genügend Platz in bestehenden Schächten.

    1. Was heißt denn „ohne Probleme“? Immerhin muss man erstmal den Boden aufreißen oder sehe ich das falsch?

      Bei uns wird 2019 für Kanalarbeiten die Straße aufgerissen. Ich hoffe, dass da gleichzeitig neues Kabel verlegt wird. Ich bekommen nämlich in Wiesbaden gerade mal 6Mbit. Wenn ich da was von 50Mbit höhre, muss ich mal lachen.

      1. @neinanonym: das wäre zu einfach und einem deutschen Fachpolitiker nicht angemessen. Der will ja in der Regel sein Mandat behalten und was wäre da besser, als ein Problem, das nie gelöst wird, während er weiter alimentiert wird? … Der Weg ist das Ziel! Nicht die Lösung.

        @pra: einfach mal auf die Straße gucken, wie oft für verschiedene Projekte die Straße aufgerissen wird:
        – Gas
        – Strom
        – Telefon (von verschiedenen Anbietern)
        – Fernwärme
        – Wasser (zu und ab)
        – Straßenbau (allgemein)
        hab ich was vergessen?

        Wir reden hier immerhin nicht über Projekte, die nach 10 Jahren kaputt gehen, sondern über eine Infrastrukturmaßnahme, die auch in 100 oder mehr Jahren noch „Bestand“ haben kann… könnte (wenn man sie denn einmal beginnen würde). Die von „neinanonym“ formulierte Idee der Paketrohre könnte auch einigen Transport zwischen Städten vom LKW „auf die Schiene“ bringen. Die Technik ist in jedem Flughafen verbaut… Man kann ja dafür in unterschiedlichen Dimensionen vom Glasfaserkabel bis zum Transport der Waschmaschine (80x80x80 cm) denken. —
        Stattdessen „plant“ die DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumffahrt) stromlinienförmige Cargo-ICEs, die mit bis zu 400 km/h fahren sollen. Huiiii … Bei dem Zustand der Gleise, der Brücken, dem der Bahn, der Vielzahl der Langsamfahrstellen und der hohen Pünktlichkeit von „fast 80%“ ein guter Witz, bei dem ich herzlich gelacht habe! Dort hat man scheinbar zu viel Geld übrig!

        Die Straßen- und Grundrisse der Städte, von vor 3 oder 400 Jahren (teilweise aus der Römerzeit) zeigen, dass sich so angelegte Straßenzüge über Jahrhunderte halten.

        I.d.R. wird für jedes Projekt die Erde einmal komplett auf und wieder zu gemacht und es wird nicht zusammen gearbeitet geschweige denn zusammen geplant, weil man sich nicht über die Aufteilung der Kosten einigen kann / will / muss. Da trägt lieber jeder die vollen Kosten und wälzt diese dann voll auf den Kunden ab, der dann mehrfach zahlen muss.

        Es wäre eigentlich ein Einfaches EINMAL die Straßen und Verbindungen zwischen den Städten zu öffnen, ein angemessenes Leerrohr mit gutem Durchmesser zu legen, an regelmäßigen Stellen Revisionsöffungen vorzusehen, gegen Terrorismus und Vandalismus vorzubeugen (Stichwort: Kabelklau bei Deutsche Bahn & S-Bahn) und das der Privatwirtschaft als Infrastruktur zur Verfügung zustellen. Lieber versenkt man Beraterhonorare bei Bundeswehr und anderen Behörden und senkt die Personalschlüssel in allen Behörden so weit ab, dass „kaum noch“ Fachkompetenz im eigenen Haus vorhanden ist um Projekte zu stemmen oder eigene Gesetze auszuformulieren.
        Wer waren noch gleich die üblichen „Bekannten“ (aka Beratungsgesellschaften), die sowohl zuerst die Gesetze schreiben und das dadurch „gewonnene“ Wissen gleich ihren Kunden zur (Steuer)-Optimierung anbieten? McKinsey, Roland Berger, Ernst & Young, KPMG, Deloitte, Boston Consulting, PWC, HSBC & weitere…
        Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und die Reihenfolge legt keine Prioritäten fest!

        Nun gibt es seit einiger Zeit eine Gesetzesänderung, dass wenn einer eine Grube gräbt, der nächste sein Zeug gleich mit verbuddeln kann/darf. Wie schön! War zwar für ein anderes Thema des Ausbaus gedacht aber die Telekomiker nutzen es wohl – und zum Ärger anderer Anbieter – reichlich aus…. Zunächst sagen sie anfragenden / potentiellen Kunden ab, weil das Projekt zu teuer wird. Kaum kommt ein anderer Anbieter und der erste Spatenstich ist getan, rechnen die BWL-Studenten der Telekom noch einmal nach und finden, dass die Preise sich nun doch rechnen (immerhin fallen für die Telekom nun die Tiefbauarbeiten weg und das senkt den Preis so, dass man den vorher verprellten Kunden doch ein Angebot machen kann).
        So schnell ändern sich die Zeiten!

        Wie viele Prozente der Volksaktien gehören noch dem Bund?

        Man kann im Rahmen der Globalisierung nur hoffen, dass „die Ausländer“ sich noch … na sagen wir: „uneleganter“ anstellen, als das Volk der Dichter und Denker! … Der Dieselskandal zeigt: Wetten sollte da keiner auf die deutsche Führungselite, die Politik und die Freunde der gepflegten Parteienfinanzierung abschließen!

        BTW:
        ====
        Die Maßnahme mit den Rohren und Transporten würde die Attraktivität der ländlichen Gebiete massiv erhöhen, die Leute müssten dort nicht wegziehen, um elementare Dinge für das tägliche Leben zu erhalten. Die Wohnungsknappheit in den Städten und Ballungsräumen würde entschärft und die Preisspirale sich langsamer drehen, wenn nicht sogar wieder nach unten kippen.

        ABER:
        Das würde natürlich das BIP massiv beeinflussen? Aber welcher Politiker will das schon? Ist man doch bestrebt das BIP immer wieder zu steigern:
        „Vorwärts immer, Rückwärts nimmer!“ (E. Honecker)

  3. Was heißt denn „ohne Probleme“? Immerhin muss man erstmal den Boden aufreißen oder sehe ich das falsch?

    Bei uns wird 2019 für Kanalarbeiten die Straße aufgerissen. Ich hoffe, dass da gleichzeitig neues Kabel verlegt wird. Ich bekommen nämlich in Wiesbaden gerade mal 6Mbit. Wenn ich da was von 50Mbit höhre, muss ich mal lachen.

  4. „Breitband“ bzw. Glasfaser bekommt nur der, der einen Vertrag unterzeichnet.
    Wenn ich nur einen Anschluss haben möchte – gibt es nicht.
    Und dann gibt es noch eine Mindestteilnehmerzahl, sonst gibt es nichts.
    Und wenn der Bauer weiter draussen wohnt – gib es auch nichts, weil es „zu teuer“ für den Provider ist.

  5. Hallo Thomas, das Problem ist doch nicht, dass die Milliarden langsam vergeben werden, sondern das sie überhaupt vergeben werden. Warum wird darüber nichts geschrieben?!? Warum müssen öffentliche Mittel überhaupt zu privaten Unternehmen wandern? Warum verlorener Zuschuss mit über 50% Förderquote?! Wesentlich nachhaltiger und zielführender ist doch, die „Breitbandmilliarden“ in den Bau von öffentlichen Glasfasernetzen zu investieren – anfangen in den ruralen Bereichen und das flächendeckend. So wie jede Infrastruktur bis jetzt. Diese werden von privaten (Telekom)Unternehmen entgeltlich genutzt und somit über 20-25 Jahre refinanziert. Das Netz bleibt dabei in öffentlicher Hand. Und danach von den ruralen zu denn dichter verbauten Bereichen übergehen, wenn der Markt diese (ohne Förderung!!) nicht baut. So wie es in Schweden seit über 12 Jahren praktiziert wird. Oder sogar schon in Österreich (www.noegig.at).

  6. Und das gilt nicht nur für ländliche Gegenden. Wir wohnen mitten in Nürnberg und bei 20Mbit ist für uns definitiv Schluss.

    Der eigentliche Unterschied liegt bei den Providern. Einige versprechen das Blaue vom Himmel herunter und kassieren dann dem entsprechend, könne diese Versprechungen allerdings nicht halten und einige sind ehrlich und deshalb günstiger.

  7. Der Landkreis Karlsruhe hat bereits Fördermittel über 15 Mio € genehmigt bekommen(Link unten). Das klingt sehr viel im Vergleich zu den oben beschriebenen 82 Mio. deutschlandweit. Selbst wenn ein Teil der 15 Mio. noch nicht ausgezahlt wurde, sehe ich auf den ersten Blick zwei Interpretation:
    1) Karlsruhe ist Vorreiter und viele der knapp 300 Landkreise in Deutschland verschlafen den Ausbau.
    2) Viele Fördermittel sind bereits beantragt, nur der Ausbau lässt auf sich warten.

    Link zum Artikel:
    https://mobil.ka-news.de/wirtschaft/regional/Glasfaseranschluss-an-jedes-Haus-Ausbau-im-Landkreis-Karlsruhe-schreitet-voran;art127,2254857

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr, daher sind die Ergänzungen geschlossen.